23 Januar 2021

Pferd im Fokus: Donnerstolz

Die Pferde und Ponys, die wir im Fahrsport einsetzen, sind maßgeblich an unserem Erfolg beteiligt. In der Reihe ‘Pferd im Fokus’ erzählen wir die Geschichte eines Pferdes oder Ponys, das es verdient, noch einmal im Rampenlicht zu stehen.

Wenn man von Pferden mit einer Vorgeschichte spricht, dann ist Donnerstolz ein gutes Beispiel dafür. Vorgesehen als Dressurpferd, aber letztendlich auf dem höchsten Niveau gelandet im Fahrsport mit dem niederländischen Einspännerfahrer Frans Hellegers und außerdem deutscher Meister und Vize-Weltmeister Parafahrsport mit Alexandra Röder.


Alexandra Röder gewann mit Donnerstolz Einzelsilber bei der Para-WM in Beesd 2016
Foto: Marie de Ronde-Oudemans

Metzger oder Rentnerwiese

Die Geschichte nahm ihren Anfang im Herbst 2004, Donnerstolz war damals neun Jahre alt, sein Name ist eine Kombination aus dem seines Vaters Donnerschlag (v. Donnerhall ) und seines Muttervater Damenstolz.
Frans Hellegers erzählt: “Wir bekamen einen Anruf von einer Dame aus Krefeld; sie hatte ein Pferd, das unter dem Sattel dauernd stieg. Sie hatte jahrelang alles versucht, um den Makel zu beheben, und wusste nicht mehr weiter. Ich hatte schon einmal einen ‘Steiger’ von einer Bekannten von ihr übernommen, der vor der Kutsche gut funktionierte. Deshalb wollte sie diese letzte Option auch ausprobieren.
Donnerstolz stand mittlerweile wieder bei seinem Züchter in Wermelskirchen im Bergischen Land, wo wir ihn besuchten. Als junges Pferd hatte er in Belgien seine Grundausbildung als Reitpferd bekommen, wobei offensichtlich irgendwann etwas schiefgegangen war. Sogar erfahrene Reiter konnten sich nicht oben halten und so geriet Donnerstolz immer mehr in eine Sackgasse. Keiner wollte sich noch mit ihm abgeben. Letztendlich wäre sein Weg der zum Metzger oder ein Frührentnerdasein auf einer Wiese geworden.“

Frans erzählt weiter: „In dieser Situation hat man sich an uns gewandt, denn die bisherige Besitzerin brachte es nicht übers Herz, ihn gehen zu lassen. Wir trafen ein elegantes Pferd an, das sich gut bewegen konnte, er war aber sehr kopfscheu und hatte keinerlei Vertrauen zu Menschen. Ich habe mir ein Herz gefasst und ihn genommen; hätte es nicht geklappt, so hätte ich ihn immer noch auf die letzte Reise schicken können, war meine Überlegung. Ich musste mich vertraglich dazu verpflichten, dass Donnerstolz nie mehr geritten würde. Zu groß war die Besorgnis, dass jemand zu Schaden kommen würde.“

„Jahre später bin ich ihn selbst geritten und habe ihn zum Ende seiner Karriere hin auch bereiten lassen, um die Seitengänge, die mittlerweile in der Fahrdressur verlangt wurden, besser erarbeiten zu können, aber da war schon viel Zeit vergangen!” , lacht Frans.

Dressur als Stolperstein

Frans nahm sich die Zeit, den Donnerhall-Enkel auszubilden: “Zunächst habe ich ihn einige Wochen longiert und allmählich an die Schleppe herangeführt. An Blendklappen war in der Anfangszeit nicht zu denken, und deshalb habe ich ihn zunächst ohne gefahren im Zweispänner mit meiner erfahrenen Stute. Nach und nach gewöhnte er sich auch das Fahren mit den Klappen an. Seitdem wurde er regelmäßig bei unseren Fahrkursen im Zweispänner eingesetzt; für unsere Kursteilnehmer ist er eine sichere Bank.”

Im Laufe der Zeit stellte ich jedoch heraus, dass Donnerstolz im Einspänner noch viel besser zurechtkam als im Zweispänner. Deshalb beschloss Frans, ihn einspännig auf Turnieren vorzustellen. “Die Dressur war in den ersten Jahren seine unbeliebteste Disziplin. Er hatte unter dem Sattel offenbar soviel Negatives erlebt, und das ließ sich nur schwer überwinden. Mehrfach drehte er sich im Viereck bei der ersten Grußaufstellung schlagartig um und wollte weg. Die ersten Male habe ich die Richter gebeten, die Aufgabe zu Ende fahren zu dürfen, damit er sich an das Ambiente gewöhnen konnte. Das fahren in den Hindernissen gefiel ihm jedoch wesentlich besser, das fand er von Anfang an toll! Er konnte sehr kurz wenden und hatte viel Grundtempo. Das war für mich eine ganze neue Erfahrung!”

Absoluter Newcomer

“In dieser Zeit fuhr ich in Deutschland (Frans lebt im Straelen am Niederrhein, Red.) Turniere auf A- und später M-Niveau und irgendwann hatte ich die Startberechtigung für die schwere klasse. Ich wollte gerne einmal das Turnier in Dillenburg fahren, von dem ich schon viel gehört hatte. Das schien mir eine tolle Herausforderung. Leider konnte der Veranstalter meine Nennung nicht annehmen, da ich Niederländer bin! Dillenburg war ein internationales Turnier, und so musste der niederländische Verband KNHS mich nennen. So kurzfristig klappte das natürlich nicht mehr, aber zum Glück durfte ich mit einer persönlichen Einladung dennoch an den Start gehen.
Mittlerweile hatte ich Kontakt zur KNHS aufgenommen, und wurde sofort in die damalige Klasse 4 eingeteilt, damit ich in den Niederlanden auch starten konnte. Für die übrigen Einspänner-Kollegen in den Niederlanden war das etwas befremdlich, denn normalerweise braucht man schon ein paar Jahre, um genügend Ranglistenpunkte für die klasse 4 zu sammeln! Beim Turnier in Conty 2008 lernte ich einige niederländische Fahrer kennen und kam mit ihnen ins Gespräch. So lernte ich allmählich den niederländischen Fahrsport kennen.”


Dillenburg 2015
Foto: Team Houterman

Von gemütlich fahren in Holland bis zur WM-Teilnahme

In den Wochen vor der Einspänner-WM 2008 im polnischen Jarantów richtete Frans bei seinem Verein in Krefeld-Hüls ein Fahrturnier der klasse S aus, an dem auch der komplette niederländische Einspännerkader teilnahm. Dort machte er Bekanntschaft mit Jan van den Broek, der das Turnier gewann und anschließend drei Wochen später Weltmeister wurde. Jan war es, der Frans einlud, ‘mal gemütlich in Holland fahren zu kommen’ und seitdem unterstützte Jan Frans und Donnerstolz bei der Dressur.

Anfang Juni 2010 gewann Frans die WM-Sichtung in Diepenheim, was den damaligen Bundestrainer Tjeerd Velstra dazu veranlasste, Frans als Mannschaftsfahrer mitzunehmen zur WM in Pratoni del Vivaro. Zwei Jahre später nahmen Frans und Donnerstolz als Einzelfahrer an der WM in Companhia das Lezirias teil.


Training mit Jan van den Broek
Foto: Privatsammlung

Alexandra

Ende 2014, Donnerstolz war damals 19 Jahre alt, beschloss Frans nach Rücksprache mit Bundestrainer Ad Aarts, seinen Wallach aus dem Kader zu verabschieden. Frans stellte Donnerstolz rein zum Spaß in der Saison 2015 noch einige Male erfolgreich vor.
Über seine Tochter Johanna kam Frans Ende 2015 in Kontakt zu der deutschen Parafahrerin Alexandra Röder. Ihr WM-Pferd Evi war damals verletzt, woraufhin Frans ihr spontan Donnerstolz anbot. Alexandra war sehr überrascht von dem Angebot und glaubte zunächst nicht, dass es ernst gemeint war. Bei einer Trainerfortbildung in Warendorf probierte Alexandra Donnerstolz anschließend aus unter der Anleitung von Eckart Meyer. Die Reaktionen waren positiv und fortan trainierte Alexandra jede Woche mit Donnerstolz. Und das mit Erfolg, denn die begeisterte Fahrerin gewann in dem Jahr (2016) sowohl ein M-Turnier im Regelsport, die deutsche Meisterschaft der Parafahrer und Einzel- und Mannschaftssilber bei der WM in Beesd.


Alexandra mit Donnerstolz im Marathon bei der WM in Beesd 2016
Foto: Marie de Ronde-Oudemans

Aber was für ein Pferd ist Donnerstolz eigentlich?

“Donnerstolz war natürlich zu Anfang schwierig, aber mittlerweile ist er absolut zuverlässig. Er ist zu Hause sehr ausgeglichen und zeigte das später auch im Sport, so dass er eigentlich immer konstante Leistungen abrufen konnte, ich habe mich immer auf ihn verlassen können. Er blieb immer besonnen. Der Marathon war immer seine beliebteste Teildisziplin, er war immer bereit, sein Äußerstes zu geben. So gewannen wir seinen letzten Marathon in Le Pin au Haras in 2016. Jetzt ist er ein tolles Ausbildungspferd für unsere Fahrschüler und ein zuverlässiger Lehrmeister für Nachwuchspferde. Er gibt sich genau so, wie man es von ihm erwartet. Wenn ich ihn hin und wieder zum Spaß mal ‘anziehe’, um ein paar Marathonhindernisse zu fahren, strotzt er sofort vor Adrenalin!”


Donnerstolz bei seinem letzten Marathon in Le Pin au Haras 2016
Foto: Privatsammlung

Mehr Fahrsport durch Donnerstolz

“Noch nie habe ich ein derartiges Verhältnis zu einem Pferd gehabt. Es hat sich ein Vertrauensverhältnis zwischen uns entwickelt, wodurch wir beide wussten, was wir voneinander erwarten dürfen. Bis zum letzten Turnier ist er für mich durchs Feuer gegangen, das ist ein unbeschreibliches Gefühl! Durch Donnerstolz hat sich mein Leben auch verändert, der Fahrsport hat durch ihn eine viel zentralere Rolle eingenommen und er hat mich sozusagen in den Spitzensport „gezogen“. Vor Donnerstolz spielte der Leistungssport für mich eigentlich keine Rolle, er hat mich aber einfach herangeführt. Es war sehr schön, mit ihm in diesen tollen Sport hinein zu wachsen.”

Vom Underdog zum Dominator

Donnerstolz war in seinem Umfeld lange Underdog, zu Hause im Zweispänner lief er brav neben seinem Kumpel, der Chef war. Als der plötzlich verstarb, erfuhr Donnerstolz eine Veränderung: “Er übernahm dessen Rolle und war plötzlich viel dominanter gegenüber den anderen Pferden, er wurde zum Leittier. Ich muss jetzt aufpassen, zu wem ich ihn auf die Wiese stelle, den er kommt nicht mit jedem zurecht.
Außerdem zeigt er seitdem deutliches Hengstverhalten! Früher haben wir davon nie etwas bemerkt, aber heute ist er ein enormer Charmeur, der den Stuten gerne den Hof macht. Und sie sind durchaus zugänglich!” lacht Frans.


Donnerstolz (rechts in het span) met zijn maatje Duende
Foto: Privatsammlung

Begeisterung für den Fahrsport wecken

Der mittlerweile 26-jährige Donnerstolz wird mittlerweile regelmäßig als ‘Lehrmeister’ eingesetzt neben Pferden und Ponys, die an den Fahrsport herangeführt werden. Er macht zwei- bis dreimal pro Woche Ausfahrten mit den Fahrschülern und sieht noch richtig gut aus.
“Wenn unsere Fahrschüler einmal hinter Donnerstolz gesessen haben, wissen sie erst so richtig, wie schön fahren sein kann. Er vermittelt ihnen ein tolles Fahrgefühl und Sicherheit. Er schafft es, Fahreinsteiger zu begeistern und ihnen Appetit auf mehr zu machen, wenn er auf dem Fahrplatz entspannt und flüssig vor ihnen trabt und galoppiert.”

Turniererfolge

CAN Exloo 2009: 2e
CAN Diepenheim 2010: 1e
CAN Zelhem 2010: 3e
CAN Horst 2011: 3e
CAI Saumur 2011: 3e
CAI Pau 2012: 1e
NK Deurne 2012: 3e
CAN Deurne 2014: 1e
NK Beesd 2015: 4e
CAI Dillenburg 2015: 3e
CAN Heijenrath 2015: 2e
CAI Le Pin au Haras 2016: 2e

WM Einspänner Pratoni del Vivaro 2010: 36. Platz (8. Platz mit dem niederländischen Team)
WK Einspänner Companhia das Lezirias 2012: 41. Platz (Einzelstarter)

 

Foto rechts oben: ©Esther Klok


Donnerstolz im Marathon bei der WM in Companhia das Lezirias 2012
Foto: Rinaldo de Craen

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