31 August 2022

Aufregung wegen österreichischer (Nicht)Nominierungen Einspänner-WM

In Österreichs Fahrsport-Szene herrscht helle Aufregung: Trotz internationaler Top-Leistungen und Medaillenchancen hat der OEPS keine Mannschaft für die bevorstehende Einspänner-WM in Frankreich nominiert.

Bei der bevorstehenden Einspänner-WM im französischen Le Pin au Haras von 15.–18. Sep. 2022 wird nur ein einziger Fahrer Österreichs Farben vertreten, nämlich Alexander Bösch mit seinem Pferd Finesse. Das verwundert bzw. verärgert manche Beobachter des österreichischen Fahrsports, die der Auffassung sind, Österreich sei aktuell in der glücklichen Lage, gleich mehrere Top-Einspänner-Fahrer:innen zur Verfügung zu haben und spielend eine komplette Mannschaft entsenden zu können. Diese hätte nach Meinung vieler Insider nicht nur gute Aussichten auf eine vordere Platzierung, sondern sogar reelle Medaillenchancen, wenn alles gut läuft.

Betroffen von der OEPS-Entscheidung sind insbesondere drei junge, vielversprechende Fahrsport-Talente, die in den letzten Jahren ihre internationale Klasse vielfach unter Beweis gestellt haben und die ihre gesamte Saisonplanung auf die Einspänner-WM 2022 ausgerichtet hatten: nämlich der 25-jährige Vinzenz Dobretsberger, die 31 Jahre alte Lara Krejcerik sowie die 25-jährige Martina Reingruber, allesamt Mitglieder des aktuellen A-Kaders Fahren Einspänner. Sie alle waren bis vor wenigen Tagen zuversichtlich, die Qualifikationskriterien des OEPS erfüllen und Österreich bei der Einspänner-WM vertreten zu können.


Lara Krejcerik bei der WM der jungen Fahrpferde 2022
Foto: Krisztina Horváth

Kaderkriterien

Was man dabei jedoch wissen muss: Die OEPS-Kaderkriterien sind hinsichtlich Championats-Teilnahmen besonders streng – strenger als die internationalen FEI-Kriterien für eine WM-Teilnahme, die alle drei locker erfüllt haben. Doch der OEPS verlangt deutlich mehr – nämlich u.a. eine Dressurleistung unter 58 Punkten (FEI: 65 Punkte), drei beendete internationale Drei-Stern-Turniere (FEI: 2) sowie eine Teilnahme bei den Einspänner-Staatsmeisterschaften etc. Und genau auf diese sehr strengen Kriterien beruft sich nun der OEPS: Die drei WM-Aspiranten hätten diese eben nicht in allen Punkten erfüllt und deshalb sei keine Nominierung erfolgt.

In einem kritischen Bericht legt Leo Pingitzer an Hand des Beispiels von Vinzenz Dobretsberger dar, wie der OEPS zu seiner Entscheidung gelangt sei. Dieser „legte zwar eine höchst erfolgreiche Fahrsaison 2022 hin – mit je einem zweiten Rang beim CAI3* Kladruby (20.–24.4.2022) und beim CAI3* Szilvasvarad (14.–17.7.2022) sowie weitere Top-Platzierungen (u.a. Platz 1 beim CAI3* Altenfelden, 16.–19.6.2022), doch bei der Staatsmeisterschaft Fahren in St. Margarethen (4.–6.6.2022) fiel er leider nach ausgezeichneter Dressurleistung durch Fehler im Marathon aus – womit er die formellen OEPS-Kriterien nicht erfüllte und auch sämtliche anderen internationalen Erfolge gleichsam …“ hinfällig geworden seien.

Die Kritiker verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die WM-Nominierung von Daniel Schneiders bei den Vierspännern, der trotz fehlender Teilnahme an der   Staatsmeisterschaft das WM-Ticket lösen konnte und prangern an, dass hier mit zweierlei Maß gemessen worden sei. Der Sportdirektor des OEPS hat jedoch die Befugnis, „Personen in den Kader zu berufen oder Kaderanträge abzulehnen.“ Diese Befugnis ist offenbar in dem einen Fall zu Gunsten des Sportlers und im anderen Fall zu Ungunsten mehrerer Fahrer:innen ausgeschöpft worden.

Die Folge ist, dass Österreich bei der Einspänner-WM keine Mannschaft aufstellen kann und dass mehreren erfolgreichen Fahrer:innen die Chance verwehrt wird, sich auf höchster internationaler Ebene zu bewähren.


Alexander Bösch und Finesse
Foto: Melanie Guillamot